Wie lehrt man das Mentale?

Den Spielern neue Werte zu übermitteln, ihren Glauben zu festigen oder hervorzubringen und ihre Ansichten positiv zu verändern, ist äußerst schwierig.  Das Wort glauben ist hier nicht (nur) im religiösen Sinn gemeint, sondern im allgemeinen: Ich glaube, dass... Ich glaube an... Werte werden auf verschiedene Weise ausgedrückt: Für mich zählt im Leben... Ich halte...  Für mich bedeutet...  Ansichten können sich so ausdrücken:  Ich finde... Meiner Meinung nach...

Das Modell

Für den Fußball ist das Mentale aber von außerordentlicher Wichtigkeit.  Es ist daher ratsam, dass Sie sich als Trainer in das Mentale einfühlen.  Hier ist ein einfaches 5-Stufen Modell:

Die Spieler werden sich anderer Werte, Glauben und Ansichten bewusst.
Die Spieler hören aufmerksam zu, wenn von Werten, Glauben und Ansichten gesprochen wird.
Die Spieler zeigen regelmäßig Interesse und Bindung an Werten, Glauben und Ansichten
Die Spieler machen aus den Werten, Glauben und Ansichten ein System.
Die Spieler können durch einen Wert, Glauben oder einer Ansicht charakterisiert werden.

Die Stufen sind hier nicht so klar und hierarchisch.  Die Gefahr ist sogar, dass Spieler in den ersten beiden Stufen informell die falschen Werte lernen.  Hier müssen Sie aufpassen.  Wenn sich negative Werte festsetzen -- über den Verein, dem Management, über Sie – wird es doppelt so schwer sein, diese umzuwenden.  Daher sollten Sie dieses Gebiet der mentalen Werte-Bildung, des Glauben-Aufbaus und der Ansichten-Annahme von Anfang an leiten und nicht dem Zufall überlassen oder auf das Beste hoffen.  Wenn Sie das tun, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Schlimmste eintrifft.

Ein Beispiel

  1. Für Werte empfangsbereit sein.  Oft durch Zufall hört ein Spieler seine Kameraden über Werte sprechen.  Nichts passiert, er hört nur zu, oft ohne etwas zu sagen, ohne eine Reaktion zu zeigen.  Die Spieler reden, sagen wir einmal, über Selbstverantwortung.

 

  1. Auf Werte anderer reagieren.  Auf dieser Stufe nimmt er plötzlich an der Unterhaltung teil.  Seine Reaktion kann positiv  (Ja, ich glaube jeder Mensch ist für sich selbst verantwortlich) oder negativ sein (In diesem Verein ist der Trainer für den Fußball verantwortlich, nicht wir).  Auf jeden Fall macht der Spieler seinen Standpunkt klar, hat eine Meinung.
  1. Eigene Werte ausdrücken.  Der Spieler entwickelt bestimmte Wertvorzüge.  Er ist sich im Klaren darüber, woran er glaubt und nicht glaubt (Ich glaube nicht nur an Selbstverantwortung, sondern auch an Ehrlichkeit und Respekt für sich selber).  Er ist sich nicht im Klaren darüber, wie diese Werte zusammenhängen, aber er befürwortet sie und redet über sie.

 

  1. Ein eigenes Wertsystem entwickeln.  Jetzt redet der Spieler nicht nur über Einzelwerte, sondern er organisiert seine Werte, Glauben und Attitüden in ein System.  Er sieht wie sie zusammenhängen, und er setzt Prioritäten.  Werte werden zu richtungweisenden Prinzipien.  Hier hält der Spieler also nicht nur an einen Wert, einen Glauben oder eine Ansicht, sondern er hat mehrere davon und will sehen wie sie zusammenhängen.
  1. Von anderen durch einen Wert charakterisiert werden.  Dies ist die höchste Stufe des mentalen Komplexes.  Der Spieler hat einen Wert, Glauben oder eine Ansicht zu einem Maße angenommen, dass er dadurch charakterisiert wird. (Er ist ein richtiger Profi.  Er ist ein Vorbild.  Er ist eine Vertrauensperson.  Er ist das Urbild eines Verteidigers) Der Spieler lebt hier nach seinen Werten, seinem Glauben und seinen Ansichten.

 

Implikationen

Es ist schwer zu sehen, ob gewisse Werte, die Sie den Spielern vermitteln wollen, auch Frucht tragen.  Zum Beispiel, Kampfgeist zeigen ist eine alte deutsche Fußballtugend.  Aber ist es wirklich eine empfehlenswerte Tugend?  Wenn Sie die verschiedenen kleinen Artikel unter Spieler, Das Mentale, durchlesen, ist das Gegenteil, sich total zu entspannen, um dann leicht aufspielen zu können, wohl wünschenswerter.  So ist es mit den Werten, sie sind eben oft persönlich, können nicht verallgemeinert werden und sind daher nicht unbedingt übertragbar.

Es ist wohl am besten, wenn Werte, Meinungen und Glaube nicht direkt von Ihnen, dem Trainer, übermittelt werden, sondern von der Mannschaft regelmäßig diskutiert werden.  Sie setzen das Thema im Trainingsplan fest -- sagen wir, zu lernen, positiv zu denken  (sehen Sie auch Positiv Denken – und das Thema wird von den Spielern diskutiert, bearbeitet und verinnerlicht.  Nach einer gewissen Zeit (einem Monat), kommt das Thema wieder auf die Agenda, und neue Einsichten und Einstellungen werden der vorherigen Diskussion hinzugefügt.  So verwirklichen Sie langsam Ihr Ziel, die Spieler dazu zu bringen, mehr positiv zu denken.

Sagen Sie bitte nicht, dass dies zu viel Arbeit ist, oder dass diese Arbeit nicht in Ihren Bereich als Trainer falle.  Das Mentale zählt im Fußball zu 50% !  Es ist enorm wichtig.  Es ist die wohl größte Schwäche im deutschen Fußball (nicht nur im deutschen Fußball, andere Länder, bis auf die USA , Frauenfußball, machen es nicht viel besser).  Wenn die Einstellung richtig ist, das heißt, wenn man fest an etwas glaubt und positive Werte und Ansichten hat, kann man Berge versetzen.  Dann rückt Talent in den Hintergrund.

 

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