Im Amerikanischen gibt es ein Wort, dass Sie vielleicht
schon gehört haben, für das es aber im Deutschen kein äquivalentes Wort gibt:
Commitment - sich total dem Fußball verschreiben, sich mit jeder Faser des
Leibes und jedem schlüpfrigen Stück Gehirn sich der Mannschaft hingeben. Das
ist 100% Commitment, der Traum eines jeden Trainers.
Championship Teams
Commitment ist wohl der wichtigste Faktor, der Championship Teams (und
Trainer, Athleten, Unternehmen, Schulen, Ehen) von Durchschnittsteams
unterscheidet. Es ist leicht zu sagen, wir möchten Meister werden. Es ist aber
eine ganz andere Sache, sich mit Blut, Schweiß und Tränen einen Meistertitel zu
erkämpfen, insbesondere, wenn Hindernisse zu überwinden sind und man
Pechsträhnen zu überwinden hat. Unter diesen Umständen trotzdem weiter zu
kämpfen und sich der Sache des Fußballs voll hinzugeben, ist eine große
Herausforderung für das Team.
Championship Teams verinnerlichen die Ziele, die sie sich gesetzt haben. Sie
leben diese Ziele. Sie arbeiten hart, nicht weil sie es müssen, sondern weil
sie es wollen. Die Spieler fühlen sich persönlich und als Team verantwortlich.
Sie verstehen, wie die Wahlen und die Entscheidungen, die sie persönlich treffen,
die kollektive Psyche und den Erfolg des Teams beeinflussen. Sie sind sich
bewusst, dass, wenn nur ein Spieler nicht voll bei der Sache ist, ihn das nicht
nur selbst angeht, sondern das ganze Team. Die Spieler haben einen ausgeprägten
Sinn für Verantwortung und fühlen sich verpflichtet, ihr Bestes zu geben. Die
individuelle Commitment macht ein Team erfolgreich. "Ich wünschte, meine
Mannschaft hätte nur die Hälfte der Commitment, die ich habe," ist wohl
eine Ihrer häufigsten Klagen. Das Geheimnis der Commitment liegt in der
Beteiligung. Wenn Spieler an allem mit beteiligt sind, sind sie interessiert
und motiviert. Beteiligung löst ein Gefühl des Eigentums aus. Und Sie wissen,
wie wir mit Eigentum umgehen. Es ist uns heilig.
Spielerbeteiligung
Warum sollten Sie Spieler an Sachen beteiligen? Sie als Trainer zeigen
damit, dass Sie die Ziele, Hoffnungen, Träume und Bestrebungen der Spieler
erkennen, respektieren und schätzen. Commitment kommt zustande, wenn Sie die
Motive und Wünsche der Spieler kennen und diese in die Sache Fußball
integrieren, wenn die Spieler glauben, dass das, was sie tun, ihnen
Befriedigung und Vorteile bringt. "Was ist für mich drin"? ist ein
jeder Manns Motiv. Wenn Spieler an Entscheidungen mit beteiligt sind, geben Sie
ihnen zu verstehen, dass Sie sich um sie sorgen und dass Sie wollen, dass sie
Erfolg haben. Plötzlich denken die Spieler nicht mehr "Ich muss",
sondern "Ich will". Die Spieler müssen also eine Verbindung sehen
zwischen ihren gegenwärtigen Aktionen und ihrem zukünftigen Bestreben. Ein
"muss" Denken benötigt Motivation von außen. Ein "will"
Denken entsteht aus innerer Motivation. Gibt es Hoffnung für die Zukunft, löst
sie die Kraft des Moments aus.
Ohne Beteiligung fühlen die Spieler sich gezwungen, manipuliert, gebraucht und
unterbewertet. Dann leidet die Moral. Entscheidungen werden von anderen
gefällt, ohne Konsultation, wohl hauptsächlich von Ihnen, dem Trainer. Das ist
nicht genug. Topvereine wollen, suchen und schätzen die Einsichten, das Wissen
und die Erfahrungen der Spieler. Denn wer weiß mehr über den Fußball: der
Aufsichtsrat? der Vorstand? Sie? oder der Spielkader? Die Frage ist lächerlich,
da die Antwort so logisch ist. Natürlich weiß der Spielkader weitaus mehr als
die Nichtspieler. Man sollte erwarten, dass die besten Ideen von den Leuten
kommen, die mit einer Sache eng vertraut sind, nicht von Leuten, die weit in
der Vergangenheit mit der Sache vertraut waren. Die Spieler wissen, was geht
und was nicht geht. Das heißt, lieber Trainer, dass Sie, wenn Sie das nicht
schon machen, Ihre Power und Kontrolle an die Spieler abgeben müssen, um
wirklich erfolgreich zu sein. Wenn nur Sie die Power haben, ist es wie ein
Vorspiel. Hat aber die Mannschaft die Power, sehen Sie das Hauptspiel. Sie sind
der Diener der Spieler, nicht umgekehrt. Sie helfen, ermöglichen und geben Rat,
wenn gefragt. Sie sind nicht mehr der Trainer von mechanischen Menschen, Sie
sind der Fazilitator von lebendigen, organischen Menschen.
Prozess der Commitment
Denn ein einzelner Mensch kann nur so viel tun. Wenn sich dieser Mensch
aber mit anderen umgibt, die die gleichen Ziele verfolgen, wenn er sie
galvanisiert, in Schwung bringt, inspiriert und den Hahn zu ihrem Inneren
aufdreht, kann er Wunder vollbringen. Denken Sie einmal an den Unterschied
zwischen gemieteten und gekauften Autos. Der Umgang ist doch schon sehr anders.
Die Meister der Zukunft werden von Vereinen kommen, in denen die Spieler den
Ton angeben. Das Team muss das Team führen. Keine Beteiligung ergibt keine
Commitment. Sie verlieren dabei nicht. Sie gewinnen, wenn Sie einen Teil Ihrer
Power aufgeben, wenn Sie den Spielern Input in Entscheidungen geben. Dann
fühlen sich die Spieler verantwortlich für den Erfolg der Mannschaft. Dann gibt
es nicht nur einen, Sie, mit Commitment und dem Willen zum Erfolg, dann gibt es
ein ganzes Team von erfolgssüchtigen Spielern. Das ist Power. Die fehlt bisher
im deutschen Fußball. Daher "Aufwachen!".
Wie geht das Commitment Kontinuum? 1 apathisch - 2 widersetzlich - 3 zögerlich
- 4 bereitwillig - 5 nachgiebig - 6 verpflichtet -7 unwiderstehlich - 8
besessen. Wo stehen Ihre Spieler? Auf welcher Stufe? 8 ist das Ziel. Natürlich,
weil wir Menschen alle anders geartet sind, schwankt der Grad der Commitment.
Sie müssen daher die Commitment eines jeden einzelnen Spielers ermessen und
Wege finden, diese Commitment zu erhalten, wenn sie hoch ist, oder zu steigern,
wenn sie zu wünschen lässt.
Verantwortung
Commitment hat noch einen anderen Vorteil. Je größer die Commitment,
desto geringer sind Ihre Disziplinprobleme. Das ist eigentlich logisch. Spieler
mit hoher Commitment verstehen und akzeptieren, dass es in der Mannschaft
gewisse Standards und Regeln geben muss, um ein Ziel zu erreichen. Wieder
einmal: Spieler werden Verantwortung akzeptieren und Regeln und Standards
verinnerlichen, wenn sie an ihrer Schaffung beteiligt waren. Sie folgen Regeln,
weil es ihre eigenen Regeln sind. Meist sind ihre eigenen Regeln strikter als
Ihre, des Trainers, Regeln. (Das kann man verallgemeinern: Das Selbst ist immer
kritischer, als Sie es je sein werden, oder wagen zu sein, denn wir haben
allgemein höhere Standards von uns selbst, als Sie es je von uns haben werden).
Spieler wollen erfolgreich sein und haben ein gutes Gefühl für das, was gemacht
werden muss, um diesen Erfolg zu erzielen.
Wenn man Spieler daran beteiligt (besser, nach dem oben Gesagten, wenn man es
ihnen ganz überlässt), Saisonziele zu setzen, bekommen sie eine Art
Haftpflicht. Jeder Spieler wird das Gefühl haben, schuldet es dem Team, alles
richtig und bestens zu machen. Spieler werden sich verantwortlich fühlen,
Mitspieler zu disziplinieren. Jeder Spieler wird ein Apostel der Disziplin. Sie
sind dann nicht mehr der böse Bube. Die Spieler werden selbst aufpassen, dass
alles richtig läuft. Wenn nicht, werden sie es einem aufrührerischen Spieler
gleich sagen. Helfen Sie (Fazilitator-Rolle) der Mannschaft, Strafen zu
erstellen, wenn jemand die Regeln missachtet. Es sind also nicht Ihre eigenen
Launen und Kapricen, nach denen Sie dann entscheiden, sondern Sie folgen dem
Standard der Spieler. Die Gedanken des ganzen Teams stehen also hinter
Entscheidungen. Wäre das nicht entlastend?
Commitment muss aufgebaut und erhalten werden. Es ist keine Neujahrsresolution.
Das Privatleben der Spieler wird oft leiden. Das Gesagte und Gedachte muss in
Action umgewandelt werden. Man muss es sehen können. Es muss behauptet werden -
trotz Konflikte, Verletzungen und Tiefs. Es muss stark sein und die ganze
Saison halten. Das ist Ihre Aufgabe.
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