Typenvorurteile

Viele Vorurteile und Voreingenommenheiten sind auf die einfache Tatsache zurückzuführen, dass Menschen verschieden sind. Wir alle haben diese Neigungen. So können wir Menschen und Sachen oft nicht fair beurteilen. Die hier aufgeführten Beispiele sind von Jungs Klassifikation verschiedener Menschentypen abgeleitet.

Wahrnehmen und Urteilen

Die Sinnes- und die intuitive Funktion sind die beiden wahrnehmenden Funktionen. Die Denk- und die Gefühlsfunktion sind die beiden urteilenden Funktionen. Wenn die Sinnes- und intuitiven Funktionen also stärker ausgeprägt sind als die urteilenden Funktionen, hat ein Mensch eine überwiegend wahrnehmende Natur. Das heißt, er hat eine zaudernde Natur: Er kann sich nicht leicht entscheiden, will mehr Information und Fakten und kann keine Schlussfolgerungen schließen. Im umgekehrten Fall, wenn die Denk- und Gefühlsfunktionen stärker ausgeprägt sind als die urteilenden Funktionen, hat ein Mensch eine überwiegend urteilende Natur. Das heißt, er trifft schnelle Entscheidungen, aber er entscheidet sich sehr leicht, oft zu früh und macht so mitunter Fehler. So kommen diese beiden Basisnaturen in Konflikt:

· "Mensch, entscheide dich doch mal. Du machst mich wahnsinnig mit deinem Aufschieben. Sag uns, was wir jetzt machen sollen. Drück dich nicht. Komm zur Sache."

· "Wir haben uns jetzt fünf verschiedene Autos angesehen und du weißt immer noch nicht welches du kaufen willst. Welches willst du jetzt haben? Was, du willst dir noch ein sechstes ansehen?"

· "Gestern haben wir das Bügelbrett gekauft. Heute willst du es wieder umtauschen! Warum? Was sind deine Gründe? Hast du ein besseres Bügelbrett gefunden?"

· "Hast du nicht morgen eine Prüfung? Meinst du nicht, dass es an der Zeit ist, dich ein wenig vorzubereiten? Was, du willst die ganze Nacht durchstudieren? Warum nicht jetzt? Warum musst du das Lernen immer bis auf die letzte Minute hinausschieben? Ich verstehe so etwas nicht."

· "Was? Du hast dich schon entschieden? Wir haben uns doch erst ein Auto angesehen. Es gibt noch 20 andere. Wie kannst du jetzt schon eine Entscheidung treffen. Woher weißt du, dass dies das richtige ist? Du machst bestimmt einen Fehler."

· "Du hattest doch fast keine Fakten! Wie konntest du da eine Entscheidung treffen? Ich versteh dich nicht."

Extraversion und Introversion

Während extravertierte Menschen sich auf die Außenwelt konzentrieren, sind introvertierte Menschen an der eigenen Innenwelt interessiert. So ergeben sich Vorurteile.

· Das Ehepaar kommt von der Arbeit nach Hause. Sie ist extravertiert, er introvertiert. Sie: "So, was machen wir heute Abend? Gehen wir ins Kino? Gehen wir ein bisschen spazieren? Vielleicht zum Fluss runter?" Er: "Nein, ich will nirgends hingehen. Ich möchte schön zu Hause bleiben, ein Bad nehmen, und ein wenig lesen." Das Ergebnis: Streit, getrennte Wege.

· Der extravertierte Lehrer bittet die Eltern zu einem Gespräch über den introvertierten Sohn. "Ich weiß nicht, was mit ihrem Sohn los ist, aber er sagt selten etwas und wird rot im Gesicht, wenn ich ihn etwas frage. Er scheint auch keine Freunde zu haben. Er sitzt meistens in der Ecke und liest. Ich glaube, Sie sollten einmal mit ihm zum Psychologen gehen."

· Extravertierte Leute halten nicht viel von introvertierten Leuten: "Du lebst ja gar nicht", sagen sie, "du bekommst ja gar nichts mit von der Welt. Du stehst nicht im Leben. Du verkümmerst ja."

· Introvertierte Leute halten ihrerseits nicht viel von extravertierten Leuten: "Du bist immer so laut, erzählst mir immer alles, was du erlebt hast. Sei doch mal ruhig. Langweile mich nicht mit all dem, was du während des Tages erlebt hast. Ich bin nicht interessiert. Warum musst du dich immer in der Welt verlieren? Bleib doch mal hier. Lies mal ein Buch. Du lebst ja gar nicht. Man lebt doch im Inneren. Dein Inneres kennst du gar nicht. Du bist tot innen. Du verlierst dich in der Weite der Welt. Du weißt eigentlich gar nicht, dass du lebst!"

Denken und Fühlen

Wenn man das Denken oder das Fühlen als Hauptfunktion hat, urteilt man gern schnell und leicht. Nur sind die beiden Funktionen Gegensätze. Die Denktypen halten nicht viel von den Gefühlstypen, und umgekehrt.

· Gefühlstyp: "Liebst du mich?" Denktyp: "Gib mir ein wenig Zeit. Ich werde einmal darüber nachdenken." Gefühlstyp: "Drüber nachdenken? Was meinst du? Ich fragte, ob du mich liebst. Da braucht man doch nicht drüber nachzudenken. Horch auf dein Herz. Liebst du mich?" Denktyp: "Ja lass mich doch mal. Ich muss darüber nachdenken. Ich kann dir doch nicht einfach eine Antwort geben. Da muss ein Mensch doch erst einmal drüber nachdenken." Gefühlstyp: "Du bist unmöglich. Ich sehe schon, du liebst mich nicht."

· Denktyp: "Okay. Hier ist meine Entscheidung und hier sind meine Gründe." Gefühlstyp: "Okay, hier ist meine Entscheidung. Ich hoffe sie gefällt euch." Denktyp: "Was sind deine Gründe?" Gefühlstyp: "Gründe? Wozu brauchst du Gründe?"

· Gefühlstyp zum Denktyp: "Sei doch nicht so kalt, so berechnend. Lass dein Herz entscheiden. Außerdem, belehr mich nicht laufend. Ich habe ja gar kein Eigenleben mehr. Du scheinst alle Entscheidungen für mich zu treffen." Antwort des Denktyps: "Du bist ja gar nicht lebensfähig. Du brauchst mich doch. Du kriegst ja allein nichts zustande. Du bist laufend am Reden, mit allen möglichen Leuten. Setz dir doch einmal Ziele und arbeite auf sie zu. Du verplapperst dein Leben und schaffst nichts." Gefühlstyp "Und du hast nur Ziele und Aufgaben. Du bist wie eine Maschine. Bist gar kein Mensch. Mit Menschen kannst du überhaupt nicht umgehen. Was sah ich bloß in dir? Warum hab ich dich geheiratet?"

· Da Denktypen logisch sind, lachen sie über Witze, die unlogisch sind. Sonst lachen sie selten über Witze.

· Da Gefühlstypen nach Werten, und nicht nach Logik gehen, lachen sie, wenn jemand nach Logik handelt und Gründe angibt.

Sinnes- und intuitive Typen

Sinnestypen orientieren sich nach ihren fünf Sinnen. Sie sind realistisch und praktisch. Sie lieben Fakten und Information und sind total gegenwärtig. Intuitive Typen jagen Möglichkeiten nach. Sie haben vage Ahnungen von dem, was passieren könnte und leben meist in der Zukunft.

· Der intuitive Typ "Die Aktie geht nach oben!" Der Sinnestyp: "Warum sagt du das? Diese Firma hat doch in jedem der letzten drei Jahre Geld verloren. Wie kannst du sagen, das der Preis nach oben gehen wird?" "Weil ich so eine Ahnung habe. Da passiert bald was." "Was denn?" "Sie geht nach oben." Und woher weißt du das?" "Das weiß ich nicht." "Denkst du ich investiere mein schwer erworbenes Geld in deine Ahnung? Du bist nicht ganz hier auf der Welt".

· "Wenn ich mit dem zusammen bin! Es ist tot langweilig. Der redet nur von Fakten. Fakten interessieren mich überhaupt nicht. Ich fragte ihn, wer wohl seiner Meinung nach die nächste Wahl gewinnt. Da hat er mich ernsthaft angesehen und mich gefragt, woher er das denn wissen wollte. Er sei doch kein Hellseher."

· "Der hatte neulich einen platten Reifen. Da musste er den ADAC anrufen! Der konnte doch nicht selbst den Reifen auswechseln! Kannst du dir so etwas vorstellen? Der ist total unpraktisch. Wie der wohl so im Leben zurecht kommt."

· Intuitive Menschen lachen über realistische und praktische Sachen, obwohl intuitive Typen wohl mehr "How to..." Bücher kaufen, als Sinnestypen. Sinnestypen lachen über Sachen, die in der Zukunft liegen, obwohl Sinnestypen wohl mehr Zukunftsromane lesen als intuitive Typen.

So ergeben sich aus der Verschiedenheit der Menschen Vorurteile. Jeder denkt, dass, um okay zu sein, andere nur so zu sein brauchten, wie man selbst ist. Ist er nicht so wie wir, stimmt etwas nicht mit ihm. Weiß man aber etwas über die verschiedenen Menschentypen, befreit man sich von Vorurteilen, denn man sieht in dem anderen dann etwas, was einem selbst fehlt. Durch Bewusstsein lernt man andere zu tolerieren und zu schätzen.

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