Die Arroganz zügeln

Nehmen wir einmal an, Sie kommen aus einfachen Verhältnissen, spielten aber gut und gern Fußball und sind jetzt zu Ruhm und Reichtum gekommen. Die Fans himmeln Sie an, und Sie können sich kaufen, was Sie wollen. Sie fühlen sich plötzlich als etwas Besonderes und Außergewöhnliches, vom Schicksal ausgesucht und begünstigt, aus der Masse hervorragend, fast als Held. Wenn solche Gedanken einmal Fuß fassen, besser, wenn sie sich in Ihrem Gehirn verwurzeln, werden Sie leicht überheblich und anmaßend. Sie bilden sich dann leicht ein, etwas Besseres zu sein. Kurz ausgedrückt, Sie werden arrogant. Aber sind Sie wirklich von den Göttern begünstigt? Ist Ihr Talent ein Geschenk des Himmels? Kaum.

Talent und Arroganz

Jeder Mensch kann Sport treiben. Wenn man etwas lang genug übt, kann man gut werden. Andere, die sich nicht so anstrengen und nicht viel üben, sagen dann, Sie hätten Talent. Aber Talent ist eine Sache des Trainierens. Nur wenn Sie viel trainieren, können Sie sich verbessern. Das gilt für jeden Sport. Auch für den Fußball. Fast jeder Mensch kann lernen einen genauen Pass zu schlagen oder Tore zu schießen. Auch kann er lernen Haken zu schlagen, den Ball anzunehmen, zu köpfen, sich freizulaufen und all die anderen Dinge, die zum Fußball gehören.

Talent kann man sich also aneignen, indem man viel trainiert. Wenn Sie zum Beispiel gern mit Pistole oder Gewehr auf Scheiben schießen, können Sie, indem Sie es täglich von morgens bis abends üben, bei der nächsten Olympiade sogar eine Medaille gewinnen. Menschen sind zwar mit gewissen Anlagen geboren, aber diese Anlagen sind meist psychisch und beziehen sich selten auf den Sport. Schon gar nicht auf den Fußball, denn Fußball ist Massensport. Er ist Massensport, weil fast jeder es lernen kann, Fußball zu spielen. Daher ist der Fußball so populär, denn der populus kann mitspielen.

Also, Sie werden zu einem guten Spieler, indem Sie viel trainieren. Sie erarbeiten sich also diese Güte, die man allgemein Talent nennt. Je härter Sie trainieren, desto mehr Talent erarbeiten Sie. Talent ist also eine Errungenschaft, ein Erwerb. Talent ist kein Geschenk des Himmels. Auf seine eigene Errungenschaft kann man also stolz sein. Aber Arroganz ist unangebracht. Das Wort Arroganz passt nicht zum Wort Arbeit. Stolz passt besser. Wenn man trotzdem arrogant ist, ist diese Arroganz unangebracht, falsch, nicht auf den Fußball bezogen. Sie hat dann mit etwas Anderem zu tun. Was ist dieses Andere?

Persönlichkeit und Arroganz

Das Andere stammt oft von der Persönlichkeit, von der Art des Menschen. Es wurde sozusagen in die Psyche miteingebaut. So sind Menschen, die sich ihr Leben säuberlich ausdenken und durchdenken oft arrogant denjenigen gegenüber, die das nicht tun. Denkende Menschen planen und organisieren ihr Leben. Sie fühlen sich nicht-denkenden Menschen gegenüber - also denjenigen, die in ihren Augen planlos dahinleben - überlegen. Diese Überlegenheit führt zur Arroganz. Es ist also fast eine natürliche Arroganz, also eine aus Ihrer Natur stammende Arroganz.

Auch diese Arroganz können Sie zügeln, indem Sie sich bewusst machen, dass nicht alle Leute die gleiche psychologische Struktur haben wie Sie. Nicht jeder Mensch ist ein Denktyp. Auch sind Denktypen nicht besser als andere Typen. Sie sind nur anders. Anders zu sein ist aber kein guter Grund arrogant zu sein. Arrogant ist man meist nur, wenn man nicht weiß, dass andere Menschentypen existieren und annimmt, dass alle Menschen so sein müssten, wie man selber ist, um okay zu sein. Die Basis dieser Arroganz ist also ein Nichtwissen. Und wissende Typen hassen nichts mehr, als nichts zu wissen. Nur wissen auch diejenigen, die glauben viel zu wissen, fast nichts. Eine amerikanische Studie schätzt, dass ein Durchschnittsmensch ungefähr 25/1.000.000.000 vom menschlichen Gesamtwissen weiß. Überdurchschnittliche Menschen wissen 35/1.000.000.000. Also weiß kein Mensch viel. Daher gibt es wenig Grund arrogant zu sein.

Geld, Ruhm und Arroganz

Ein noch "Anderes" bezieht sich auf ein Nebenprodukt des Fußballs: auf das Geld und den Ruhm. Sie haben plötzlich Geld und Besitz, fahren ein fesches Auto und kleiden sich fein. Wenn Sie dann andere sehen, die wenig Geld und Besitztum haben und in einem kleinen, alten Auto umherfahren, fühlen Sie sich erst überlegen, dann überheblich, also arrogant. Dabei vergessen Sie die Quelle Ihres Reichtums, den Fußball, ein Spiel, dessen Anforderungen und Bedürfnisse Sie sich durch harte Arbeit errungen haben. Also, wieder ist Stolz auf ihre Errungenschaften angebracht. Arroganz aber nicht. Arroganz, basiert auf Geld, ist einfach Unbewusstheit. Bewusste Leute sind nicht arrogant, denn sie sind sich des Zufalls des Lebens, der Kurzfristigkeit des irdischen Daseins und der relativen Unwichtigkeit menschlicher Errungenschaften bewusst, Konzepte, in denen Arroganz keinen Platz hat.

Mit dem Ruhm ist es ähnlich. Die Basis Ihres Ruhmes als Fußballspieler ist Ihr Fleiß. Ohne Fleiß kein Lob, sagt man. Ihren Ruf, Ihre Berühmtheit haben Sie sich erarbeitet. Langjähriger und zielstrebiger Arbeit gebührt Ehre und Anerkennung, denn anderen bot sich die gleiche Gelegenheit; sie nutzten sie nur nicht. Auch hier hat Arroganz keinen Platz. Die Huldigungen und Ehrerbietungen der Fans und Zuschauer sind Wertschätzungen Ihres erarbeiteten Talents. Beifall und Applaus ist die Folge der Wertschätzung. Geben Sie sich ihrer hin, schätzen Sie diese Würdigung. Seien Sie aber nicht so töricht, sich viel darauf einzubilden. Oft ist die Gunst des Publikums auch nur eine Projektion, eine Übertragung von gewünschten Eigenschaften auf Sie, dem Ausgezeichneten. Wenn Sie Ihrem Ruf nicht gerecht werden, fallen Sie in Ungunst.

Im Fußball ist Arroganz also wenig angebracht. Als Fußballspieler sollte man versuchen, sie zu zügeln, wenn sie trotzdem durchbricht. Bescheidenheit, Einfachheit und Demut sind wünschenswertere Eigenschaften. Sie führen zu Ansehen und Respekt, wünschenswertere Eigenschaften als Arroganz.

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