Mentales Training: Wie geht das?

Alle Sportarten, ja alle Aktivitäten, werden vom Kopf gesteuert. Der Körper ist nur ein ausführendes Organ. Folglich muss man zuerst „im Kopf lernen“ oder „den Kopf programmieren“ bevor man etwas macht. Sie erinnern sich vielleicht noch an die Klagen der deutschen Sportler bei der letzten Olympiade.  Die Deutschen klagten sehr. Hier sind einige ihrer Kommentare, die ich mir aufgeschrieben hatte:

 „Ich bin total frustriert!“  „Warum?“ „Weiß ich nicht.“ – „Der Druck ist zu groß für mich.“ – „Ich fühle mich wie ausgekotzt“. – „Wir brauchen vom Kopf her noch viel.“ – „ Im Schwimmsport gibt es weltweit enorme Entwicklungen. Die scheinen bei uns noch nicht angekommen zu sein.“ – „Ich fühle mich flach und leer.“ – „Der Trainer steht da vor mir und versucht mich zu motivieren. Das ist doch schwachsinnig. Ich muss mich doch selbst motivieren. Nur weiß ich nicht wie.“ – „Wir müssen uns nach den Besten orientieren und dann noch einen draufsetzen.“ – „ Wir dürfen im Schwimmsport nicht allein so unbewusst dahinpütschern.“ – „Wir haben die Sache im Kopf nicht bewältigt.“ – „Wir Deutsche müssen uns von unserer Einfältigkeit befreien, offener werden, mehr global denken.“ – „Deutschland hat so eine latente Power. Die müssen wir öffnen.“ – „Warum kann eigentlich jede andere Nation Englisch sprechen, nur wir nicht?“ – „Wir sind leicht auszurechnen. Warum eigentlich?“. „The Germans are losing touch with the world.“ – „Wir müssen aufwachen, wir scheinen im Tiefschlaf zu sein.“ – „Ich wünschte wir wären nicht so voraussehbar“. – „Wir scheinen immer das Gleiche zu machen, wir können uns neuen Situationen schlecht anpassen.“ – „Wir müssen lockerer, easier werden.“ – „Ich komm mir vor wie ein Amateur, der gegen Profis antritt.“ – „Die US boys sind frei, entspannt, easy going, nach dem Motto: alles ist möglich. Wie machen die das?“ – „Wir waren verspannt, steif, hölzern.“ – „Ich glaube unsere Verbandsfunktionäre sind zu alt. Wir brauchen jemanden, der im Kopf  schon an der nächsten Olympiade teilgenommen hat.“  – „Das war toll, aber nur für den Zirkus.“ – „Zu wenig Ideen (im Fußball der Frauen), unpräzises Passspiel, keine Torschüsse. Da muss sich viel ändern“. – „Eine kaum zu glaubende Unfähigkeit Tore zu schießen.“ – „Eine desaströse mentale Einstellung.“ – „Harmlos, hilflos, ihm fiel nichts mehr ein. Es ist mir äußerst peinlich, wie schlecht wir waren (Boxen).“ – „Ein sinnloses und ideenloses Gebolze; kein Zusammenspiel, alles Einzelaktionen; von einem blinden Verstehen war nichts zu sehen“. 

Die US boys und girls waren mental bestens „eingestellt“. Die Deutschen leider überhaupt nicht. Es war schon beschämend. Trainieren die Schwimmer nicht mental? Trainieren sie also falsch? Oder trainieren sie mental, aber auf eine ineffektive Weise? Wie trainiert man überhaupt mental?  Man kann mentales Training in drei Stufen einteilen. Wenden wir es auf den Fußball an. 

Stufe 1: Die Umgebung

Durch (im Powerfußball, über die Jahre) Tausende (!!)Seminare, die alle mit mentaler Einstellung zu tun haben – auch mit dem Essen, dem Schlafen, dem Sex, dem Umgang mit Freunden, Mitspielern, Gegnern, Zuschauern, Schiedsrichtern, dem Benehmen auf dem Platz – benimmt sich ein Powerfußballer immer richtig, gleich ob auf oder außerhalb des Spielfeldes.

Jeder Spieler ist an den täglichen Gruppendiskussionen beteiligt. Alle Aspekte eines Themas werden zuerst in kleinen Gruppen besprochen, in der größeren Gruppe zusammengefasst, und dann noch einmal besprochen, bis alle sagen: „Ja, so sollte es sein, so ist es richtig.“ Alle bekommen Zusammenfassungen vom Ergebnis eines jeden Seminars, beispielsweise über „Spieler Verhalten gegenüber dem Schiedsrichter“. Die Spieler Aussagen werden dann schriftlich, von einem der Spieler zusammengefasst, so dass jeder Spieler die Essenz von dem, was gesagt wurde, oft durchlesen kann, bis es im Gehirn „sitzt“, also fest verankert ist.

Durch angehende Seminare werden Powerfußballer auf alles gefasst sein, was sich auf dem Spielfeld und  vor und nach dem Spiel ereignen kann: Terroristenattacken, Mord und Totschlag, Gewitter, Zuschauerübergriffe, Pfiffe, feindliche Sprüche, feindliches Gegröle, Hitze, Kälte, Hagel, Gewitter, Provokationen von Gegenspielern. Was immer passieren könnte, die Spieler wissen, was zu tun ist. Sie sind immer ruhig und gelassen, da sie wissen, wie sie sich zu verhalten haben. Sie wissen ebenfalls, dass Aufregung konterproduktiv ist und nichts bringt.

Stufe 2: Das Training

Das Training beinhaltet den Zweck, das Wesentliche, des Spiels. Zweck und Sinn des Fußballs ist Tore zu schießen. Wer mehr Tore schießt, gewinnt Spiele. Tore zu verhindern gehört auch dazu. Das ergibt zwei Vorgehensweisen: Angriff und Verteidigung. Durch Angreifen erzielt man Tore, durch Verteidigung verhindert man Tore. Das ist die Essenz des Fußballs. So einfach ist das  Spiel, daher so beliebt, denn sogar dreijährige Menschlein verstehen das schon.

Um Tore zu erzielen, muss man lernen Tore zu schießen. Der Torschuss (nur durch Innenseite oder mit dem Innenriss) ist das wichtigste Trainingelement. Der Torschuss muss daher am meisten geübt werden, mental und real. Für das Reale errichtet man Torschusshallen, wenn Geld und Platz dafür da ist, ansonsten Betonwände mit einem aufgemalten Tor, damit jeder Spieler routinemäßig lernt, den Ball unhaltbar ins Tor zu knallen (Innenriss) oder zu schießen (Innenseite). Für das mentale Training braucht der Spieler ruhige Minuten. Lernen Tore zu schießen ist von absoluter Wichtigkeit im individuellen Training! Es wäre ideal, wenn die Anzahl der realen Schüsse durch eine gleiche Anzahl von mentalen Schüssen (die genau so effektiv sind wie reale Schüsse) täglich unterstützt werden könnte. Dann würde ein Spieler den Ball in fünf Trainingsjahren ungefähr eine Million Mal gepasst und eine Million mal aufs Tor geknallt haben. Dazu mit Ch’i-Power! (wird später besprochen.) Können Sie sich ein Spiel vorstellen, dass auf Scharfschüssen (Powerschüssen) aufgebaut ist? Es knallt laufend. Tore fallen wie am Fließband. Denken Sie an die Grafs, Becker, Woods, Beckhams, etc. dieser Welt. Wie erreichten sie Weltspitze? Nur durch angehendes Üben ihres Handwerks.

Um zum Torschuss kommen zu können, lernen Spieler den Ball blitzschnell nach vorn, selten seitwärts, zu bewegen. Daher Passhallen. Pässe müssen zentimetergenau ankommen, immer in den Lauf des Spielers (also nie auf den Spieler), so dass der Spieler den Ball entweder noch einmal weitergeben kann (selten), oder ihm mit Wucht (Power) in eine der vier Ecken schießen kann..

Dazu kommt die organische Taktik (sie folgt). Taktik reine Kopfsache. In Seminaren (nie auf dem Spielplatz) lernen Spieler, jederzeit „richtig“ zu stehen. Ein schwieriges Unterfangen, das jeden Tag für 1 bis 2 Stunden im Seminarraum so oft geübt wird, bis die Taktik auf dem Spielfeld zu jeder Zeit blitzschnell abgerufen werden kann..

Das i Tüpfelchen des Angriffs ist die Täuschung. Jede Bewegung im Fußball muss auf Täuschung basiert sein! Durch Täuschung gewinnt man die halbe Sekunde (bevor der Gegenspieler reagieren kann), die man braucht, um ungehindert zum Pass oder Torschuss zu kommen. (mehr dazu später). 

Alles andere ist unwesentlich und wird nicht trainiert! (z.B., Kopfbälle, Dribbeln, Standardsituationen, Eckbälle, Einwerfen, Krafttraining, Waldläufe, den Ball mit dem Kopf oder Knie in der Luft zu halten.

Wenn der Gegner angreift, verteidigen alle Spieler. Wiederum bewegen sie sich so, dass der Gegner total abgedeckt ist. Jeweils zwei Spieler sind am Ball. Sie greifen nie an, sondern huschen und hüpfen 2 Meter vor dem Angreifer hin und her, hauptsächlich, um einen Torschuss zu verhindern, aber auch, um Fallen zu stellen, um dem Gegner den Ball wegspitzeln zu können. Verteidigen kostet wenig körperliche aber viel mentale Energie (Details folgen).

Stufe 3: Der Spieltag

An den Einzelspieler: Sie spielen am Spieltag so, wie Sie es sich vor dem Spieltag schon oft vorstellt haben. Programmieren Sie Ihr Gehirn vor dem Spiel nicht, kommt es, wie es kommt mag, gut oder schlecht, ohne Plan, ohne Steuerung. Stellen Sie sich aber vorher vor, wie Sie leicht und ohne Anstrengung laufen, wie alle Ihre Pässe bestens ankommen, wie Sie in totaler Harmonie mit ihren Mitspielern spielen, wie Torschüsse dort hingehen, wo sie hingehen sollten, nämlich ins Tor – geschieht es auch so, anfänglich nur Phasenweise, später, wenn Sie Ihr Gehirn gut programmiert haben, regelmäßig.

Alle Spieler trainieren vor dem Spiel mental. Sie stellen sich das kommende Spiel vor, bevor es gespielt wird, jeder auf seine Weise. Nur, da jeder Mensch anders ist, sucht sich jeder das heraus, was auf ihn Eindruck macht, was ihn, und nicht unbedingt seine Mitspieler, beschwingt. 

Mentale Übungen

Was folgt ist eine Auswahl von Themen, die sich mit verschiedenen mentalen Einstellungen befassen:

 

An sich glauben                                               Ihr Selbst beim Spiel

Konstruktive Selbstkritik üben                          Selbstbewusst werden

Selbstlos sein                                                  Selbstverantwortlich werden

Selbstvertrauen entwickeln                              Sich selbst erneuern

Sich selbst motivieren                                       Das Feinste: Zellenutopia

Das Unterbewusstsein richtig einstellen            Die Macht des Unterbewusstseins

Ich bin der ich bin                                            Ihr Idol werden

Man spielt wie man denkt                                Positiv denken

Wie man denkt so ist man                                Das Spiel genießen

Die Liebe zum Spiel                                        Fußball als Kunst

Lebens- und Fußballweisheiten                        Spielfreude entwickeln

Auf Risiko spielen                                           Dem Rhythmus des Spiels folgen

Den Fußball einfach halten                               Der Fußball als Weg

Fokus haben                                                   In der Zone spielen

Instinktiv spielen                                              Rituale entwickeln

Spielintelligenz                                                 Spielsinn entwickeln

Synergien erzeugen                                          Die Kunst des Gefechts

Ein gutes Leben führen                                    Konfuzius: Verhaltensregeln

Spielkunst                                                       Unbesiegbarkeit durch innere Meisterschaft

Verhaltensregeln                                              Auf Erfolgmerkmale reagieren

Beteuerungen nutzen                                        Die Angst bezwingen

Krisen bewältigen                                            Mit Niederlagen fertig werden

Mit positiven Affirmationen arbeiten                 Positive Ergebnisse und Erlebnisse

Sich Mut machen                                            Sich Veränderungen anpassen

Situationen akzeptieren                                    Überzeugungen auswechseln

Anstand bewahren                                          Bescheiden bleiben

Das Gleichgewicht behalten                             Durchhaltensvermögen entwickeln

Geduld üben                                                    Gewissenhaft sein

Immer ein Anfänger bleiben                             Integrität erwerben

Zentriert sein                                                   Auf Erfolge aufbauen

Einen starken Drang entwickeln                       Mit Erfolgsdruck umgehen

Nach Exzellenz streben                                    Perfekt spielen

Positive Selbstgespräche führen                       Siegen wollen

Wir müssen gewinnen!                                    Auch Kämpfen ist unerwünscht

Das Ego zähmen                                             Die Arroganz zügeln

Übermaß vermeiden                                        Der Gegner als Kamerad

Zum Gegner                                                    Zum Schiedsrichter

Den inneren Lehrer kultivieren                         Die Perzeption dehnen

Ein Rollenmodel für andere werden                  Lernen mit Erfolg umzugehen

Tough denken                                                 Grenzen überschreiten

Wünsche definieren                                         Ziele setzen

Eine „Das kann ich!“ Einstellung entwickeln

Anwendung

Was macht man mit diesen Artikeln? Und mit den Szenarien, die Ihre Spieler mit der Zeit entwickeln und diskutiert haben? Setzen Sie jeden Tag (5 Tage die Woche), eine Stunde Seminarzeit an.

Der Fazilitator (Trainer oder Spieler) gibt den Spielern (oder Mitspielern) jeden Tag einen Artikel zu lesen. Der wird dann diskutiert. Entwickeln Sie Ihr eigenes mentale Fußballgefüge. Ein „Gefüge“ besteht aus kreuz und quer Verbindungen im Gehirn. Sie übernehmen sozusagen leere Plätze im Gehirn und bauen auf diesen Freiplätzen etwas Neues auf, nachdem Sie künftig handeln werden. Es ist, als ob Sie eine neue Sprachen lernen, einer nach der anderen. Schritt für Schritt bauen Sie das, was Sie schon wissen aus und fügen Neues hinzu. Nur ist die Sprache Ihre Sprache, Ihre ganz eigene. Sie hilft Ihnen, sich im Leben maximal zu orientieren, und sich beim Spiel optimal zu fokussieren.

Suchen Sie sich aus den verschiedenen Artikeln diejenigen aus, die Sie anregen, die Sie als wahr, lebenswert und lernenswert einschätzen. Bauen Sie in anderen Worten Ihre eigenes mentales Gefüge, Baustein für Baustein. Schreiben Sie Ihre Gedanken in einem geheimen Tagebuch auf. Denken Sie über das Aufgeschriebene regelmäßig nach, halten Sie es sich vor ihrem inneren Auge, um es zu tief zu verinnerlichen. Steht das mentale Gefüge – es kann ein bis zwei Jahre dauern – können Sie es bewusst zu jeder Zeit anwenden. Fühlen Sie sich zum Beispiel angespannt, können Sie sich auf diese Weise sofort wieder entspannen.

Bauen Sie ein Gefüge für das Spiel selbst auf. Visualisieren Sie es, bevor es stattfindet. Sehen Sie vor Ihrem inneren Auge, wie Sie spielen wollen. Wie Sie leicht laufen, fast energielos. Wie Sie den Ball passen, genau in the Lauf des Mitspielers, so dass dieser den Ball optimal weitergeben kann. Wie Sie unhaltbar aufs Tor schießen. Wie Sie in der Abwehr vor dem technisch begabten Gegenspieler hin und her tanzen, so dass er nicht zum Schuss kommt, und wie sie ihm eventuell den Ball wegspitzeln. Wie Sie immer die Übersicht behalten, immer genau richtig stehen, beim Angreifen und beim Verteidigen. Fühlen Sie sich verbunden mit Ihren Kameraden. Dienen Sie dem Spiel, damit das Spiel so läuft, wie Sie es sich vorstellen. Vertrauen Sie Ihren Mitspielern, dass sie ein Gleiches tun. So werden Sie zum echten Profi, zum geschätzten Teammitglied.

Erinnern Sie sich an Michael Phelps, den US Schwimmer? Der ist mental immer bestens eingestellt. Seine Körperbewegungen passen sich sogar den verschiedenen Schwimmstilen an. Für jeden Stil hat er ein körperliches und mentales Gefüge. Alles was mit Schwimmen zu tun hat, beherrscht er. Auf gleicher Weise sollten Sie versuchen, all das, was mit dem Fußball zu tun hat zu beherrschen. So ist Ihre Einstellung immer richtig und Sie können sich voll auf das konzentrieren, was gerade vor sich geht, ohne dass jemand Sie ablenken kann und ohne dass es Sie ermüdet.

So werden Sie mit der Zeit zu einem echten Profi. Nichts kann Sie aus der Ruhe bringen. Sie bleiben gelassen, sind jedoch immer hellwach und hochkonzentriert.

Der große Fehler, den mentale Trainer oft machen, ist anzunehmen, dass alle Menschen gleich sind,  und dass daher auch alle von der gleichen mentalen Einstellung profitieren. So geht es aber nicht. Jeder Mensch ist, reagiert und handelt anders. Jeder Mensch hat seine eigene Gehirnstruktur. Die Synapsen, Kanäle, Engen,  Straßen, Bahnen, Gassen und Wege im Gehirn sind für jeden Menschen total anders.

Die Kunst ist, aus einem Spielkader von 20 Spielern, ein Supergehirn zu erzeugen, ein mentales Spielergefüge, das alle Spieler einschließt und verbindet, das elf Spieler zu einem Team zusammenschweißt. Das macht man am besten durch tägliche Seminare. Noch ein Beispiel: Das Thema ist: Wie sollten wir uns dem Schiedsrichter gegenüber verhalten? Die Schlussfolgerungen der Gespräche, denen die meisten, wenn nicht alle Spieler, zustimmen, vernetzen die individuellen mentalen Gefüge aller Spieler. So entsteht eventuell ein Teamgefüge, ein Teamgeist, ein Ganzes, ein Teamgehirn – zusammengesetzt aus kleinen gemeinsamen Teilchen.. So ein Team spielt immer optimal, weil es gar nicht anders spielen kann.                                                             

 

 

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